Sonntag

Am Sonntag wollen wir uns über praktische Perspektiven austauschen, wobei verschiedene Initiativen, Gruppen und Einzelpersonen ihre Ansätze vorstellen. Hier soll der praktische Aspekt unserer Arbeit in den Vordergrund gerückt werden; die Veranstaltungen finden vergleichbar zum Samstag in mehreren Slots statt.

Sonntag, 11.11.

Panel I

Panel II

Panel III

10:30

12:00 Uhr


Regressionsgefahr. Queer Refugee Support in der politischen Ökonomie des Helfens
– Steffen Stolzenberger

Vorstellung: Planspiel zu politischen Strategien

Frauenbegegnungsstätte UTAMARA

12:30

14:00 Uhr


Die Proteste gegen den islamistischen AlQuds-Marsch
– EAG Berlin


Die Muslimbruderschaft in Marburg
– BGA-Marburg


Antifeminismus sabotieren – gegen den Berliner “Marsch für das Leben”
– WTF-Bündnis


Mittagspause
Küche für Alle! im Café Trauma

15:00

16:00 Uhr


Feedback-
Runde:
Zum Abschluss möchten wir die Konferenz Revue passieren lassen. Dazu treffen wir uns gemeinsam im kleineren und lockeren Rahmen nach der Mittagspause und vor der Abfahrt im Café Trauma.

  • Die Proteste gegen den islamistischen AlQuds-Marsch
    Jedes Jahr zum Ende des Ramadan ziehen mehrere hundert Antisemit_innen durch Berlin und fordern die Vernichtung Israels. Sie folgen damit einem Aufruf des Iranischen Regimes, das den AlQuds-Tag 1979, im Jahr der “islamischen Revolution” im Iran, ausrief. Diese islamistische Manifestation wird jedes Mal von antifaschistischen Protesten begleitet. Im Rahmen des Vortrags wird auf die Geschichte des AlQuds-Tags, seine Organisationsstrukturen und seine Spezifika eingegangen. Die Organisator_innen der Gegenproteste stehen anschließend für eine Diskussion zur Verfügung, wie sinnvoll und effektiv gegen solche Demonstrationen vorgegangen werden kann.
  • Die Falken: „+++Achtung Prüfungsrelevant+++ Die Revolution endet im Kopf der Student*innen.“
    Wenn wir es nicht besser wüssten, so würden wir denken, dass alle Antifaschist*innen, Feminist*innen und kritischen Theoretiker*innen aus einem Haufen prekär lebender Student*innen besteht. Die Praxis lässt sich auch bei genauerem Hinsehen nicht so richtig von den Konventionen der Universität unterscheiden. Wir treffen uns zu Lesekreisen oder organisieren Vorträge. Für diese Bemühungen gibt es zwar keine Noten oder Punkte für das Studium, aber die gewonnenen Erkenntnisse lassen sich meist gut für die nächste Hausarbeit oder das nächste Referat verwenden. Zu verlockend die Perspektive die eigenen theoretischen Überlegungen nach Abschluss des Studiums bei einer Promotion zu vertiefen oder einen Lehrauftrag an der Uni zu ergattern. Ein prekäres und stressiges Leben ist dabei vorprogrammiert. Unsere Texte, Thesen, Vorträge und Artikel gleichen einer Form, die wir an der Universität lernen. Unsere Kritik lässt dabei etwas vermissen: Erfahrungen. Erfahrungen, die wir täglich machen. Erfahrungen, die unsere Kritik und unsere Theorie lebendig werden lassen. Wir gehen bei unserem Vortrag vielen Fragen nach: Wie beeinflusst die akademische Form unser Denken und Handeln? Wie können unsere Erfahrungen Teil einer Kritik werden? Wie holen wir unsere Theorie aus dem Grab der Universität und hauchen ihr neues Leben ein? Wie soll eine zukünftige Praxis aussehen? Die im Vortrag gewonnen Erkenntnisse sollen kritisch auf die Drift – Kampagne angewendet werden.
  • Steffen Stolzenberger: „Regressionsgefahr. Queer Refugee Support in der politischen Ökonomie des Helfens“
    Im März 2016 wurde das Projekt Queer Refugees Hannover gegründet, das sich der Unterstützung von schwulen, lesbischen, bi-, trans- und intersexuellen sowie transgender Geflüchteten bei der Durchsetzung ihrer Bedürfnisse und Interessen annimmt. In mehr als zwei Jahren waren die Erfahrungen mit diesem Projekt widerspruchsvoll und geben eine kritische Selbstreflexion auf. Dazu sollen sie auf die gesellschaftlichen Bedingungen zurückgebeugt werden, die aller aktivistischen Praxis vorgängig sind und ihrer emanzipatorischen Absicht entgegenstehen. Indiz dafür ist die Beobachtung, dass die Unterstützung von Geflüchteten sich allzu schnell in einem endlosen Kreislauf von Asylanträgen, Ablehnungsbescheiden, Klagen und Umverteilungsanträgen verfängt und letztlich in bloße Elendsverwaltung regrediert.
  • BGA-Marburg: „Die Muslimbruderschaft in Marburg“
    Parallel zu faschistischen Organisationen in Europa entstanden in der islamischen Welt Gruppierungen, die das Hereinbrechen der Moderne als großes Unglück wahrnahmen. So ist es kein Zufall, dass es bereits früh ideologische sowie organisatorische Verbindungen zwischen italienischen Faschisten, deutschen Nationalsozialisten und der ägyptischen Muslimbruderschaft gab. Die 1928 gegründete Muslimbruderschaft führte die Schwäche der islamischen Welt auf den Abfall vom Glauben und säkulare Regierungen zurück. Um an die frühe Expansionsphase des Islam anzuknüpfen, soll eine islamische Identität gestärkt und die Gesellschaft nach islamischen Prinzipien eingerichtet werden. Das sieht unter anderem die Etablierung der Scharia als Rechtsgrundlage sowie die weitgehende Tabuisierung weiblicher Sexualität vor. Ein weiteres Wesensmerkmal der Muslimbruderschaft ist ein virulenter Antisemitismus, der sich sowohl im Wahn von der jüdischen Weltverschwörung als auch in ständigen Vernichtungsdrohungen und tatsächliche Anschlägen gegen Israel ausdrückt. Inzwischen verfügt die Muslimbruderschaft über ein weltweites Netzwerk an Organisationen, die sich mal mehr mal weniger deutlich zur Mutterorganisation bekennen. In Marburg existiert mit der Islamischen Gemeinde seit Jahrzehnten eine Filiale der Muslimbruderschaft. Die Stadtpolitik, allen voran Oberbürgermeister Thomas Spies (SPD), und Teile der Universität hofieren deren Vertretern immer wieder. Sie verleihen der Islamischen Gemeinde so eine Legitimität, die über ihre reaktionären Inhalte hinwegtäuscht. Bereits in der Vergangenheit konnten Führungspersonen der Islamischen Gemeinde Marburg eindeutige Kontakte zu bedeutenden Islamisten und zahlreiche antisemitische Aussagen nachgewiesen werden. Ein Antifaschismus, der es ernst meint, hat sich aus den oben genannten Gründen mit der Muslimbruderschaft, deren Ideologie und deren Vertreten auseinanderzusetzen. Der Referent ist Mitglied des Bündnis gegen Antisemitismus Marburg und wird nach einem kurzen historischen und ideengeschichtlichen Abriss über die Muslimbruderschaft auf lokale Strukturen eingehen. Im Anschluss wird die bisher in Marburg geleistete Arbeit gegen islamistische Organisationen in Marburg vorgestellt. In der Diskussion sollen die bisherigen Strategien kritisch diskutiert werden um Erfahrungen auszutauschen und gegebenenfalls neue Ansätze zu entwickeln.
  • Soy y Estoy – ein politisches Rollenspiel mit situiertem Blick
    Alleine Denken ist von gestern! In diesem Workshop gibt es die Möglichkeit das Rollenspiel „Soy y Estoy“ aus Chile kennenzulernen und auszuprobieren. Ursprünglich wurde das Spiel entwickelt, um Handlungsspielräume bewusst zu machen, und einen Raum für politische Organisierung zu öffnen. Ein halbes Jahr hat es gedauert, das Spielmaterial zu übersetzen und zu lokalisieren. Dafür allerdings braucht es Information: wie wirkt die Geschichte des Faschismus in beiden Ländern weiter? Wie können und wollen wir überhaupt zusammenarbeiten? Wie können wir Antifaschismus und Feminismus konkret miteinander verbinden? Das Spiel “Soy & Estoy” macht diese Zusammenhänge sichtbar. Es wird zunächst um die Entwicklung des Projektes und den Übersetzungsprozess gehen. Im Anschluss daran wollen wir und das Spiel näher ansehen, anspielen und zusammen neue Methoden der politischen Arbeit erkunden.
  • WTF-Bündnis: Antifeminismus blockieren – gegen den Berliner “Marsch für das Leben”
    What the fuck?! Jährlich treffen sich selbsternannte „Lebensschützer“ in Berlin, um ihre antifeministische Propaganda auf die Straße zu tragen und mit Holzkreuzen bewaffnet die „Tötung“ abgetriebener Föten zu betrauern. Der Marsch ist einer der wichtigsten öffentlichen Auftritte der sogenannten “Lebensschutz”-Bewegung im deutschsprachigen Raum und versammelt christliche FundamentalistInnen, Konservative, Neue Rechte, Männerrechtler und AfD-FunktionärInnen. Sie eint die Forderung nach einem vollständigen Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen. Seit 8 Jahren organisiert das “what the fuck”-Bündnis Proteste gegen den “Marsch für das Leben”. Wir werden unsere Arbeit als Bündnis vorstellen und je nach Interesse auf die AkteurInnen und die Ideologie der “Lebensschutz”-Bewegung eingehen, feministische Perspektiven auf Pränataldiagnostik vorstellen, über die Zusammenhänge von Reproduktiven Rechten und Antisemitismus und Rassismus sprechen und Strategien gegen die “Lebensschutz”-Bewegung diskutieren. Your time your choice Wir freuen uns auf euch!